Schorschi Schnabbelschnut: „ Warum bin ich ein Naturschützer?“ 

Oan eunäm woarme Summäoawend hockte i(s)ch mit Sven Hinterfroagä im Biergadde vun de Kneip Zim weise Mondmoann. 

„Schor(s)chi, väzähl moal!“ fordderte ä mi(s)ch noachäm zwaate Gloas  uf,„woarim seun du so ähn fasziniertä Nadurschiddsä? I(s)ch will ähn Adickel  schreiwe, du waaßt joa, i(s)ch seun Radakdör baa unsä Regjoonoalzaatung.“

„Weshalb soll i(s)ch dä woas väzähle?“

„De Kall, du waaßt de Owänadurschiddsä hier im Ordd, moant, du dähtest deriwä bestimmt schee oabaddi(s)che Gedoanke un Begrindunge väbreite un des wär si(s)chä goans lusdi(s)ch fer die Lesä.“

Na ja, als Kompliment foand i(s)ch diese Bemerkung groad net. Awä woas solls, mä muss joa net immä glaa beleidi(s)cht seun.

„Schun als Kinn hebb i(s)ch mi(s)ch fer die Diern un Ploanse begaastern kenne“, begoann i(s)ch dem Redakdeer zu beri(s)chte, „des woar so: Doa hodd äh Fraa, mit Noame Gisela Woaldesfee, äh Kinnänadurschutzgrupp geleitet. Moan(s)chmoal seun i(s)ch a debaagewäse:“

„Ah,i(s)ch västeh“, nickte de Sven, „die Fraa hodd di(s)ch oan deu lieb Muddä äinnert. Un desweje woar dä die Person un alles woas se daht simbaadi(s)ch.“  

I(s)ch schiddelte de Kopp. „Noa, so woar des net. Doa hodds a noch ähn Moann gewwe, mit Noame Holdo Gliggschenkä. Dä daht a äh Kinnägrupp leite, baa däm bin i(s)ch aach moan(s)chmoal äschiene. Wä hebbe dort gedepfert un annern hoandwerkli(s)che Sache gemacht. Des hodd mä dor(s)chaas gefalle, droddsdäm des Depfern hebb i(s)ch awä bald ufgegewwe un seun nur noch zu de Nadurschiddsä getigert. Baa däm Moann hämmä Kinnä heifi(s)chä ekli(s)che Schokoloadeschtick(s)chä mit Erdniss gekriggt. Diese Sießi(s)chkaat wor koa Wärbbung ferren, i(s)ch äinnä mi(s)ch noch heit mit Grause oan des scheißli(s)che Zei(s)chs.

Baa de Fraa degehe goab`s Schokoload mit Hasselniss un des hodd mä sä gut geschmeckt.“

De Sven Hinterfrager machte Notize uf ähn Zettel un murmelte vo si(s)ch hie: ...Schokoload

mit Hasselniss. „Hodds baa dä noch annern wi(s)chdi(s)che, prä(s)chende Äei(s)chnisse gewwe?“ froatä.

I(s)ch nickte. „Ähn noachhoaldi(s)che bossidive Eudruck hodd mä die Arweid hinnälosse, als wä Kinnä mit Fraa Waldesfee ähn Dei(s)ch gebaat häm. Zuerst musste wä uf nä Wiss ähn großes Loch buddle. Un i(s)ch wuhl halt gern im Dreck un Schlamm. Des seun aach heit noch eunä moanä Lieblingsbeschäfti(s)chunge.“

Väständnisvoll guckte Sven mi(s)ch oa. „Joa, des glaab i(s)ch“, stimmte ä mä zu, „worn doa noch annern Sache, die dä gefalle häm?“

„Joa,so mit zwelf orrä draazeh seun i(s)ch moal uf Timpeleis eugebroche. S`woar März, also nemmä so koalt. I(s)ch stoand doa fast bis zur Hift im Wassä un des seun mä sofordd in moa Gummischtiefel neugelaafe. Nadierli(s)ch  daht i(s)ch schnell raaskrabble oans drockne Ufä, zoch die Schtiefel aas un ließ des Wassä raasfließe.Ich bin doann a glaa hoam gelaafe, meu Fieß frorn fer(s)chdäli(s)ch un die Zeh dahte mä ri(s)chdi(s)ch weh.“

„Des wär awä doch ähn Grund si(s)ch nemmä mit Nadur zu beschäfdi(s)che“, moante de Sven.

„Sollde mä glaabe“, beschdähdi(s)chte i(s)ch zuerst, „baa mä wor´s awä anners. I(s)ch daht die Oagelä(s)chenhaat als lusdi(s)ches Oawendeier ämfinne. Hinzu koam: Oam nächste Daach konnte i(s)ch die Schul net besuche, weje Äkältung. Oan jänäm Daach seun in meunä Klass

äh Engli(s)charweid geschriwwe worn un i(s)ch wor nur uugenie(s)chend vobereitet gewäse. Fer mi(s)ch wor des also äh gliggli(s)ch Schicksoalsfie(s)chung.“

Sven machte Notize un murmelte...Engli(s)charweid... net vobereitet...Schicksoalsfie(s)chung.

„Als Juchendli(s)chä, so mit verzeh orrä Fuffzeh, daht i(s)ch im Woald vum Melibokusmassiv ähn goans dolles Äläwnis genieße“, offenbarte i(s)ch däm Zaatungs-Sven, „i(s)ch daht uffän Hochsitz hocke un freite mi(s)ch, waal ähn Schwaddsspecht seun Trilläruf äteene ließ. I(s)ch guckte zufälli(s)ch noach unne, doa schnierte ähn roodbraanä Fuks loangsoam vobaa ohn mi(s)ch zu bemerke. Werklich, des wor äh scheenes Dier. I(s)ch wor väzickt un wär fast vom Hochsitz nunnä gefalle, konnt mi(s)ch groad noch so fest halte.“

„I(s)ch hebb noch nie ähn Fuks gesehe, nur im Fernsehn“, soate de Sven oaäkennend, „awä väzähl moal, wie koam deu Begaasterung fer Ploanse?“

I(s)ch nickte. „Baa nä Schulwoanderung seun de oagewwähaft, hinnähäldi(s)ch, sadisdi(s)ch väoaloagte Fritz in eun Brennesselfeld gefalle. Ä hodd oam jäne Daach korze Hoose oa un daht sofordd jammern wie ähn Hannebambel. I(s)ch degeje musste iwä seu Missgeschick herzli(s)ch  lache un vägoss Gliggsdräne vo Haatäkaat.  Doa fiel mä uf, viele Wildblumme duhn net nur schee aassehe, sunnern moan(s)che Ploanse, wie zim Baaschpiel die Brennessel, bringe aach noch jede Meng Schpass pur.“

Sven notierte wirrä...Brennessel...Spass.

„So um die zwoanzi(s)ch bis dreißi(s)ch hodd i(s)ch doann  wäni(s)chä Indresse fer die Nadur.

S`wor ebbes eugeschlofe. Als i(s)ch Vaddä worn seun, koam meu Begaasterung fer die Nadur awä wirrä zim Voscheun. I(s)ch zei(s)chte moan kloa Sohn, däm Macko, Fresch, Käfä, Vejel un annern Diern. Wi(s)chdig zu äwähne seun noch: Des kost net viel un bringt trotzdäm Freid un Spass.“

Sven machte wirrä Notize un flisterte...kost nix, trotzdäm Freid un Spass.

„Alles kloar“, soate doann de Redakdeer, „des seun vollkomme logisch, bei denne Äei(s)chnisse, die de väzählt host, konnsde goar nix anneres seun als ähn gliehender Nadurfreind un ähn begaasterter Nadurschiddsä.“

Übersetzung:An einem warmen Sommerabend saß ich mit Sven Hinterfrager im Biergarten vor der Kneipe Zum weisen Mondmann

„Schorschi,erzähl mal!“ forderte er mich nach dem zweiten Glas  auf, „warum bist du so ein faszinierter Natürschützer? Ich will einen Artikel  schreiben. Du weißt ja, ich bin Redakteur bei unserer Regionalzeitung.“

„Warum soll ich dir was erzählen?“

„Der Karl, ich meine den Obernaturschützer von unserem Ort, meinte, du würdest bestimmt schöne, abartige Gedanken Begründungen darüber verbreiten und das wäre sicher ganz lustig für die Leser.“

Naja, als Kompliment empfand ich diese Bemerkung gerade nicht. Aber was solls, man muss nicht immer gleich beleidigt sein.

„Schon als Kind habe ich mich für Tiere und Pflanzen begeistert“, begann ich dem Redakteur zu berichten, „das war so: Da hatte eine Frau, mit Namen Gisela Waldesfee, eine Kindernaturschutzgruppe geleitet. Manchmal war ich auch dabei gewesen.“

„Ah,ich verstehe“, nickte der Sven, „die Frau hatte dich an deine liebe Mutter erinnert. Und deswegen war die Person und alles was sie tat für dich symphatisch.“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, so war das nicht. Da gab`s noch einen Mann, mit Namen Holdo Glückschenker. Der tat auch eine Kindergruppe leiten. Manchmal bin ich auch bei ihm  erschienen. Wir haben dort getöpfert und andere handwerkliche Sachen gemacht. Dies hatte mir durchaus gefallen, trotzdem hatte ich das Töpfern bald aufgegeben und bin nur noch zu den Natürschützern gegangen. Bei dem Mann haben wir Kinder häufiger eklige Schokolade mit Erdnussstückchen gekriegt. Diese Art Süßigkeit war keine Werbung für ihn, ich erinnere mich noch heute mit Grausen an das scheußliche Zeugs.

Bei der Frau dagegen gabs leckere, fantastische Vollmilchschokolade mit Haselnüssen, was mir sehr gut schmeckte.“

Der Sven Hinterfrager machte Notizen auf einen Zettel und murmelte...Schokolade mit Hasel nüssen.  

„Gab´s bei dir noch andere wichtige, prägende Ereignisse?“ fragte er.

Ich nickte. „Einen nachhaltig positiven Eindruck hat mir die Arbeit hinterlassen, als wir Kinder mit Frau Waldesfee einen Teich bauten.Zuerst mussten wir auf einer Wiese ein großes Loch buddeln. Und ich wuhle halt gern im Dreck und Schlamm. Das ist auch heute noch einer meiner Lieblings-beschäftigungen.“

Verständnisvoll schaute Sven mich an. „Ja, das glaube ich“, stimmte er mir zu,„waren da noch andere Sachen, die dir gefallen haben?“

Ja, so mit zwölf oder dreizehn bin ich mal auf Tümpeleis eingebrochen .Es war März, also nicht mehr so kalt. Ich stand da fast bis zur Hüfte im Wasser und das ist mir sofort in meine Gummistiefel reingelaufen. Natürlich krabbelte ich schnell raus ans trockene Ufer, zog die Stiefel aus und ließ das Wasser rausfließen. Ich bin dann auch gleich nach hause gerannt, meine Füße froren fürchterlich und meine Zehen taten richtig weh.“

„Das war doch ein Grund sich nicht mehr mit Natur zu beschäftigen“, meinte Sven.

„Sollte man glauben“, bestätigte ich zuerst, „aber bei mir war´s anders. Ich empfand diese Angelegenheit als lustiges Abenteuer. Hinzu kam: Am nächsten Tag konnte ich die Schule nicht besuchen, wegen Erkältung. An jenem Tag wurde in meiner Klasse eine Englischarbeit geschrieben und ich war nur ungenügend vorbereitet gewesen. Für mich war das also eine glückliche Schicksalsfügung.“

Sven machte Notizen und murmelte...Englischarbeit...nicht vorbereitet....Schicksalsfügung.

Als Jugendlicher, so mit vierzehn oder fünfzehn, tat ich im Wald vom Melibokusmassiv ein ganz tolles Erlebnis genießen“, offenbarte ich dem Zeitungs-Sven, „ich saß auf einem Hochsitz und freute mich, weil ein Schwarzspecht seinen Trillerruf im Flug ertönen ließ. Ich schaute

zufällig nach unten, da schnürte ein rotbrauner Fuchs langsam vorbei ohne mich zu bemerken.

Wirklich,das war ein schönes Tier. Verzückt von dem Anblick, wäre ich fast vom Hochsitz gefallen, konnte mich gerade noch so festhalten.“

„Ich habe noch nie einen Fuchs gesehen, nur im Fernsehen“, sagte der Sven anerkennend, „aber erzähl mal, wie entstand deine Begeisterung für Pflanzen?“

Ich nickte. „Bei einer Schulwanderung ist der angeberische, hinterhältige, sadistisch veranlagte Fritz in ein Brennesselfeld gefallen. Er hatte an jenem Tag kurze Hosen an und jammerte sofort wie ein widerlich nervender Schwächling. Ich dagegen musste über sein Missgeschick herzlich lachen und vergoss Glückstränen vor Heiterkeit.   Da fiel mir auf, viele Wildblumensehen nicht nur schön aus, sondern manche Pflanzen, wie zum Beispiel die Brennessel, bringen auch noch jede Menge Spaß pur.“

Sven notierte.....Brennessel...Spaß.

So um die zwanzig bis dreißig hatte ich dann weniger Interesse für die Natur. Es war etwas eingeschlafen. Als ich Vater geworden bin, kam die Begeisterung für die Natur wieder zum Vorschein. Ich zeigte meinem kleinen Sohn, dem Marko, Frösche, Käfer, Vögel und andere Tiere. Wichtig zu erwähnen ist noch: Das kostet nicht viel und bringt trotzdem viel Freude und Spaß.“

Sven notierte wieder....kostet nichts....trotzdem Freude und Spaß.

„Alles klar“, sagte dann der Reakteur, „das ist vollkommen logisch, bei jenen Ereignissen, die du erzählt hast, kannst du gar nichts anderes sein als ein glühender Naturfreund und ein begeisterter Naturschützer.“