Angst und Sorgen

 

I(s)ch woar wirrä moal in Dammstadt un hockte waddend uf nä Boank in de Näh vom Luiseplatz. Lisett(s)che, ma Fraa, woar mit de Kinnä in de Eukaafsstroß. Hoffentli(s)ch werd de Inhoalt vom Porttmonnee net zu ar(s)ch väkleunert, i(s)ch koannte schließli(s)ch meu väschwendärisch Baga(s)ch. Wenn i(s)ch baa sol(s)che bleedsinni(s)che Geschäfts-bummel net debaa woar, konnte wä oaschließend des Spiel mache Ich seh ebbes, woas ihr net sehe duht, `s seun äh kloane leere, braune Fläche. I(s)ch moante des lä geworne Portmonnee, geäffnet jetz ohne Minz un Scheun. 

Realisdische Befer(s)chtunge woarn des, i(s)ch koannt nix anners mä denke, loangsoam, awä si(s)chä seun aas sol(s)che Sor(s)che Ängste worn un braatete si(s)ch vom Hern iwä moan goanze Kerpä aas.

I(s)ch musst refleksaddi(s)ch ufstehe, hie- un hälaafe, mit de Erm ebbes schlenkern.  

Die Passante guckte ämisiert zu mä un grinste. Wenn ihr wißtet, dacht i(s)ch mä, wel(s)che Sor(s)che, joa Ängste mi(s)ch quäle, ihr däht mitleidend greune.

Awä äh positiv Folg daht des Gegrinse uf mei Gemiet, i(s)ch seun wirrä ruhi(s)chä worn, konnt aach moal woas Anneres denke un daht nur noch so laafe als däht i(s)ch entspoannt flaniern.

               Oan jänem Daach woar eun Informationsstoand in de Stadt ufgebaat. Die Werddä Oangst, For(s)cht, Terror,  Dood, Not, Oarmut daht i(s)ch deitli(s)ch läse. Märere junge Leit, mit son Audioufzei(s)chnungsgerät,froate die Passante. Äh jung Fraa väspärrte mä de Weg un babbelte mi(s)ch oa:„Hobbe se ebbes Zaat fer mi(s)ch? Mä seun vo de Gesellschaft fer Oangstvosor(s)ch un mä(s)cht gern euni(s)che Froage oan se ri(s)chte.“ 

„Wenn`s net zu loang dauert, gern.  Awä erst hebb i(s)ch moal äh Froag.Woas soll des seun Gesellschaft fer Oangstvosor(s)ch? Moane se demit, woas mä duhn koann, doass die Mensche koa Oangst krieje orrä des Gejetaal, doass also die Leit Oangst krieje?“

„Des Letztere“, daht die Fraa oantwordde, „woas kenne mä mache,doamit wä uns wirrä de gefle(s)chte

Oangst hiegewwe kenne un in gesunnä For(s)cht zitternd un hilflos suhle.“

„Wolle se mi(s)ch väuhze?“ froate i(s)ch mit Väwunnärung, „sowoas will doch niemoand, i(s)ch

aach net.“

Joa, des seun des Problem“, nickte se, „die Welt um uns geht zu Grund,aach die mitmenschli(s)che Beziehunge, Kriege äschiddern die Kontinente, alle, orrä fast alle, denke nur oan si(s)ch selwä. Un woas seun die Ursache?“  Diese Froag woar nur rhetorisch gemoant, die jung Fraa daht se nämli(s)ch glaa selwä beantwordde, „die meiste Mensche in Deitschloand, awä aach in Eiropa, denke nur oans owä- flä(s)chli(s)ch Vägnie(s)che. Baa uns zim Baspiel seun die beliebteste Fernsehsennunge die reunste Bleedelvo-stellunge, i(s)ch moan Modisch geklaadet, des urmenschli(s)ch Grundbederfnis fer kuldurelle Läwensstil un die noch deppere, dä(s)chli(s)che Owendsennung I mmer nur lache, aach wenn`s drauri(s)ch is, Sket(s)che un Witze im Alldaach, Schul un Beruf.

„Si(s)chä“, gestoand i(s)chä zu, „i(s)ch hebb mi(s)ch schun oabgefunne, doass viel vo de Fernseh-progroamme nur primitiv Unnähoaltung seun. Awä`s duht joa noch des Internet gewwe.“ 

Meu Gesprä(s)chspartnerin winkte oab. „Die sozioale Netzwerk seun die reunste Bleedelplattforme. 

Oastatt si(s)ch iwä tiefgrindi(s)che, wäsentli(s)che Gedoanke aaszutausche, duhn die meiste nur bleeke woas fer neie Klamotte se gekaaft häm, wel(s)ch nei Frisur ihrn Doofkopp ziert orrä wel(s)che Musikvoliebe sie frehne. Des seun mä doch egoal, ob eunä gern die Musik vo XY heertorrä liewä Volksmusik trällert. Duht des woas iwä die Perseenli(s)ch- kaat von so ähn Depp aassoage?  

Nur soviel, doass so ähn Zaatgenoss nix Wi(s)chdiges mit zu deile hodd un ähn owäflä(s)chli(s)chä Idjoot is.“ 

„Hhm, moag seun. Woarim solle mä geflä(s)chte Oangst krieje?“

„Doamit wä wirrä uns um wäsentli(s)che Probleme kimmern un net im Meer de Beloanglosi(s)chkaate wie willelose Wäse väsinke.“

Schee gesoat, dachte i(s)ch oaäkennend „Also, woas wolle se mi(s)ch froage?“

„Hobbe se Oangst vo Terroroaschläg?“  Se hielt mä ähn Mikrofon vors Meil(s)che.

„Iwähaapt net!“ daht i(s)ch bestimmt antwordde. Doann, noach euni(s)che Sekunde Gesprä(s)chspaus, „stimmt net goans, ebbes doch. Wenn i(s)ch meun Schäff, Schreihans Winterstorm oam Mondaach wirrä bege(s)chne un ä rimbrillt, hebb i(s)ch ebbes Oangst. Seu Gebrill kimmt mä jedesmoal

vo wie ähn Terroroaschloag.“

Obse mit meunä Oantwordd zufriede woar, waaß i(s)ch net. I(s)chväsuchte in ihrä Gesi(s)chtsmimik zu läse, woar awä in jänemMoment baa ihr eun  

Analfabeet.                                                        

„Duht des Vähoalte vo de Jugendli(s)che Ihne Sor(s)che beraate?“ woar die näkst Froag.

Doa musst i(s)ch oan meu Kinnä denke, die allerdings noch koaJ ugendli(s)che worn. Mä fiel eu, daoss wä uns zu eunä bestimmte Uhrzaat wirrä dreffe wollte, meu Oarmboanduhr awä saat zwa Daache Zicke zei(s)chte.

Oastatt zu antwordde, daht i(s)ch froage: „I(s)ch hebb erst moal selwä eune eißerst wi(s)chdig Froag: Woas seun die genaae Uhrzaat?“

Uuwilli(s)ch goab se mir die gewinscht Aaskunft.

Hasdi(s)ch daht i(s)ch mi(s)ch väoabschiede. „I(s)ch muss dringend meu Baga(s)ch wirrä dreffe,

sunst bassiern schreckli(s)che Äei(s)chnisse.“

Uubedingt wollt i(s)ch vähinnern, doass Lisett(s)che aach noch die letzte väbliewene Kreete aasgewwe duht, waal i(s)ch net oam Dreffpunkt seun un se nochmoal er(s)chendwel(s)ches, iwäflissi(s)ches Zei(s)ch kaafe muss.

Glickli(s)chäwaas droaf i(s)ch meune Liewen sofordd, vollgepackt mit Eukaafsdudde. 

„Mä hobbe viele Schnäpp(s)chä gekriggt“, seiselte ma Fraa, „werkli(s)ch, alles sä ginsdi(s)ch.“

 

 

Übersetzung:Ich war wieder mal in Darmstadt und saß wartend auf einer Bänk,nähe Luisenplatz.

Lisettchen, meine Frau, war mit den Kindern in der Einkaufsstraße. Hoffentlich wird der Inhalt

vom Portemonnaie nicht zu sehr verkleinert, ich kannte schließlich meinen verschwenderischen

Familienanhang.Wenn ich bei solchen blödsinnigen Geschäftsbummel nicht dabei war,konnte ich anschließend das Spiel machen Ich seh etwas, was ihr nicht seh   tes ist eine kleine, leere, braune Fläche . Ich meinte das leergewordene Potmonnaie, geöffnet, jetzt ohne Münzen und Scheine.

Realistische Befürchtungen waren das, ich konnte an nichts anderes mehr denken.Langsam, aber sicher sind aus solchen Sorgen Ängste geworden und breiteten sich vom Gehirn über meinen ganzen Körper aus. Ich musste reflexartig aufstehen, hin- und herlaufen, mit den Armen schlenkern.

Die Passanten guckten amüsiert zu mir und grinsten. Wenn ihr wüßtet, dachte ich mir, welche Sorgen,ja Ängste mich quälen, ihr würdet mitleidend weinen.

Aber eine positive Folge hatte das Gegrinse auf mein Gemüt, ich bin wieder ruhiger geworden, konnte auch mal was Anderes denken und ging nur noch so als würde ich entspannt flanieren.

                An jenem Tag war ein Informationsstand in der Stadt aufgebaut. Die Wörter Angst, Furcht,Terror,Tod, Not, Armut las ich deutlich.  Mehrere junge Leute, mit so einem AudioaufzeichNungsgerät, interwievten die Passanten. Eine junge Frau versperrte mir den Weg und sprach mich an: „Haben Sie etwas Zeit für mich? Wir sind von der Gesellschaft für Angstvorsorge und möchten gern einige Fragen an Sie richten.“

Wenn`s nicht zu lange dauert, gern. Aber erst hab ich mal eine Frage. Was soll das sein Gesellschaft für Angstvorsorge? Meinen Sie damit, was man tun kann, dass die Menschen keine Angst kriegen oder das Gegenteil, dass die Leute also Angst bekommen?“

Das Letztere“, antwortete die Frau, „was können wir machen, damit wir uns wieder der gepflegten Angst hingeben und in gesunder Furcht zitternd und hilflos suhlen.“

WollenSie mich veruhzen? (veralbern)“fragte ich mit Verwunderung, „sowas will doch niemand, ich auch nicht.“

Ja, das ist das Problem“, nickte sie, „die Welt um uns geht zu Grunde, auch die mitmenschlichen Beziehungen, Kriege erschüttern die Kontinente, alle, oder fast alle, denken nur an sich selber. Und was sind die Ursachen?“ Diese Frage war nur rhetorisch gemeint, die junge Frau beantwortete sie

nämlich gleich selber, „die meisten Menschen in Deutschland, aber auch in Europa, denken nur ans

oberflächliche Vergnügen. Bei uns zum Beispiel sind die beliebtesten Fernsehsendungen die reinsten Blödelvor- stellungen, ich meine Modisch gekleidet, das urmenschliche Grundbedürfnis für kulturellen Lebensstil und die noch deppere, tägliche Abendsend und Immer nur lachen, auch wenn`s traurig ist. Sketche und Witze im Alltag, Schule und Beruf.“    

Sicher“,gestand ich ihr zu, „ich habe mich schon abgefunden, dass viel vonden Fernsehpro-grammen nur primitive Unterhaltung ist. Aber es gibtja noch das Internet.“

Meine Gesprächspartnerin winkte ab. „Die sozialen Netzwerke sind die reinsten Blödelplattformen.

Anstatt sich über tiefrgründige, wesentliche Gedanken auszutauschen, blöken die meisten nur, was

für neue Klamotten sie gekauft haben, welche neue Frisur ihren Doof kopfziert oder welchen Musikvorlieben sie fröhnen.  Das ist mir doch egal, ob einer gern die Musik von XYhört oder lieber Volksmusik trällert. Tut das was über die Persönlichkeit von so einem Depp aussagen? Nur soviel,

dass so ein Zeitgenosse nichts Wichtiges mitzuteilen hat und ein oberflächlicher Idiot ist.“

Hhm,mag sein. Warum sollen wir gepflegte Angst kriegen?“

Damit wir uns wieder um wesentliche Probleme kümmern und nicht im Meer der Belanglosigkeiten wie willenlose Wesen versinken.“

Schön gesagt, dachte ich anerkennend. „Also, was wollen Sie mich fragen?“

Haben Sie Angst vor Terroranschläge?“ Sie hielt mit ein Mikrofon vor dem Mund.

Überhaupt nicht!“ antwortete ich bestimmt. Dann, nach einigen Sekunden Gesprächspause, stimmt nicht ganz, etwas doch. Wenn ich meinem Chef, Schreihans Wintersturm,am Montag wieder begegne und er rumbrüllt, habe ich etwas Angst. Sein Gebrüll kommt mir jedesmal vor wie ein Terroranschlag.“

Ob sie mit meiner Antwort zufrieden war, weiß und wußte ich nicht. Ich versuchte in ihrer Gesichtsmimik zu lesen, war aber in jenem Moment bei ihr ein Analphabet.

Bereitet das Verhalten der Jugendlichen Ihnen Sorgen?“ war die nächste Frage.

Da musste ich an meine Kinder denken, die allerdings noch keineJugendlichen waren. Mir fiel ein, dass wir uns zu einer bestimmten Uhrzeit wieder treffen wollten, meine Armband- uhr aber seit zwei Tagen Zicken zeigte.

Anstatt zu antworten, fragte ich: „Ich habe erst mal selbst eine äußerst wichtige Frage. Was ist die genaue Uhrzeit?“

Unwillig gab sie mir die gewünschte Auskunft.

Hastig verabschiedete ich mich. „Ich muss dringend meinen Familienanhang wieder treffen, sonst passieren schreckliche Ereignisse.“

Unbedingt wollte ich verhindern, dass Lisettchen auch die letzten verbliebenen Kröten ausgibt, weil

ich nicht am Treffpunkt wäre und sie noch mal irgendwelches, überflüssiges Zeugs kaufen muss.

Glücklicherweise traf ich meine Lieben sofort, vollgepackt mit Einkaufstüten.

Wir haben viele Schnäppchen gekriegt“, säuselte meine Frau, „wirklich, alles sehr günstig.“