Gartengestaltung

„ Hallo Schor(s)schi“, begrießte mi(s)ch meu Noachbarin, die Gisel, „ du duhst schtunneloang in  deunäm Gadde rim werkele, awä mä sieht absolut nix. Du hosd des reunste Brennesselfeld.“

„Des schtimmt iwähaapt net“,väteidi(s)chte i(s)ch mi(s)ch, „die Brennessel seun nur in däm Eck doa hinne.“

„Joa, schun“, musste die Fraa zugewwe, „ wo seun awä die Dahlje un Gladjole?“ 

„Die braach i(s)ch net“, daht i(s)ch äwirrern, „defier hebb i(s)ch himmelblaa bliehende Wee(s)chwadde, sunnegäle Färbähunnskamill un des apadde Berufskraut. Des seun doch wunnäscheene Wildschtaude, die wo vun 

   Insekte,euschließli(s)ch buntä Schmettälinge, liewend gern oagenumme wern. Guckdä doch moal des Berufskraat oa, des duht monoateloang bliehe un wird grod so

umschwärmt vun indressonte Insektewolke, die vägnie(s)cht de Nektar schlerffe.“

„Also, meun Geschmack drifft des net“, woand Gisel eu, „du hosd ja nur Unkreitä. Woas solle doa die Leit denke, die hier vobaa kimme. Des moacht ähn uugepflä(s)chte Eudruck.“

„So babble nur Gaddebanause,die koa Oahnung hobbe. Woas annern Mensche dazu moane,   kimmert mi(s)ch net, meu Paradies muss mir gefalle, net de Leit. I(s)ch hebb aaßä de herrli(s)che Wildschtaude aach noch Timpel mit Fresch un Molch, des is naturnoahe Gaddekuldur.  

       Deun schterilä Gadde is woas fer Snobs un Schpießä

      meun Paradiesgadde degeje fer Nadur-Genießä.“

Wenn Blicke teede kennte, i(s)ch glaab, i(s)ch wär in däm Moment geschtorbe. Selbst die begriffsstuddsi(s)ch Gisel hodd kapiert,wie i(s)ch se euschätzte. Doa wor i(s)ch zu  

uusensibel, des spierte i(s)ch sofordd.  „Geje Dahlje un Gladjole hebb i(s)ch nix“, behaaptete i(s)ch un väsuchte ährli(s)ch zu gucke, „`s kenne wunnäscheene Blumme seun.      Awä woas net basst zu deunäm Gadde is, wie du oagezohe bist.“

„Wie moansde des jetz?“ froate se uugleibi(s)ch.

„Joa, des is so. Zur Zaat bliehe doch bei ei(s)ch die rote Rose. Wenn mä newä sol(s)ch ä bliehend   Heck steht, moant mä die Seel duht boade im rote Blietemeer. Du host awä braun un weiße Klamotte oa, des basst net. De ästätische Gesoamteudruck seun doador(s)ch geschteert, die Harmonie is kaputt. Viel bessä dähte roode Kleidä basse, zim Baaspiel fer di(s)ch äh rood Summäkostim.

Doa dähte die Leit sofordd sehe, doass hier äh geschmackvoll Kienstlärin kreativ Gedoanke reife lässt.“

Nadierlich hielt i(s)ch selwä des fier komplette Bleedsinn, awä es geloang mä net zu lache.

„Moansde des im Ernst, Schor(s)chi?“ froate se naiv.

„Awä selwstvästännli(s)ch, Gisel“. Eifri(s)ch nickte i(s)ch beschtäti(s)chend meun Kopp.“Des seun so ernst wie des Amen in de Ker(s)ch.“

„I(s)ch muss zurick ins Haus“, soate deruf hie iwäraschend die Fraa.

„Woarim denn?“ froate i(s)ch.

„I(s)ch muss mi(s)ch umziehe“.

 

Übersetzung:Hallo Schorschi“, begrüßte mich meine Nachbarin, die Giesel,„du werkelst stundenlang in deinem Garten rum, aber man sieht absolut nichts. Du hast das reinste Brennesselfeld.“

„Das stimmt überhaupt nicht“, verteidigte ich mich, „die Brennessel sind nur in dem Eck da hinten.“

Ja,schon“, musste die Frau zugeben, „wo aber sind die Dahlien und Gladiolen?“

„Die brauche ich nicht“, erwiderte ich, „dafür habe ich himmelblaue Wegwarten, sonnengelbe Färberhunds- kamillen und das aparte Berufskraut. Dies sind doch wunderschöne Wildstauden,die von Insekten, einschließlich bunten Schmetterlingen, liebend gerne angenommen  

werden. Schau dir doch mal das Berufskraut an. Das blüht monatelang und wird gerade so umschwärmt von inter-

essanten Insektenwolken, die vergnügt Nektar schlürfen.“

„Also, meinen Geschmack trifft das nicht“, wandt Giesel ein, „du hast ja nur Unkräuter. Was sollen da die Leute denken, die hier vorbeikommen. Das macht einen ungepflegten Eindruck.“

So reden nur Gartenbanausen, die keine Ahnung haben. Was andere Menschen dazu meinen, kümmert mich nicht, mein Paradies muss mir gefallen, nicht anderen Leuten.Ich habe außer den herrlichen Wildstauden auch noch Tümpel mit Fröschen und Molchen. Das ist naturnahe Garten-

kultur.

        Dein steriler Garten ist was für Snobs und Spießer

       mein Paradiesgarten dagegen für Natur-Genießer.“

Wenn Blicke töten könnten, ich glaube, ich wäre in diesem Moment gestorben. Selbst die begriffsstutzige Giesel hatte kapiert, wie ich sie einschätzte. Da war ich zu unsensibel, das spürte ich sofort.

„Gegen Dahlien und Gladiolen habe ich nichts“, behauptete ich und versuchte ehrlich zu gucken,

„`s können wunderschöne Blumen sein.  Aber was nicht passt zu deinem Garten ist wie du angezogen bist.“

„Wie meinst du das jetzt?“ fragte sie ungläubig.

„Ja ,das ist so. Zur Zeit blühen doch bei euch die roten Rosen. Wenn mann eben so einer blühenden Hecke steht, meint man die Seele badet im roten Blütenmeer. Du hast aber braune und weiße Klamotten an, das passt nicht. Der ästhetische Gesamteindruck ist dadurch gestört, die Harmonie kaputt. Viel besser würden rote Kleider passen, für dich zum Beispiel ein rotes Sommerkostüm.

Da würden die Leute sofort sehen, dass hier eine geschmackvolle Künstlerin kreative Gedanken reifen lässt.“

Natürlich hielt ich das für kompletten Unsinn, aber es gelang mir nicht zu lachen.

„Meinst du das im Ernst, Schorschi?“ fragte sie naiv.

„Aber selbstverständlich, Gisel“. Eifrig nickte ich bestätigend meinen Kopf. „Das ist so ernst wie das Amen in der Kirche.“

„Ich muss zurück ins Haus“, sagte daraufhin überraschend die Frau.

„Warum denn?“ fragte ich.

„Ich muss mich umziehen."