Greunis


Klausi Vielreddnä, unsä Scheff-Filosoof un Dorffdi(s)chtä, daht eune fer(s)chdäli(s)ch drauri(s)ch Visaa(s)ch zei(s)che, als wä wirrä des Dreffe in de Kneip dselebrierte.
„Woas is middä los, Klausi?“ froate Heunä oadaalsvull, „du siehst aas als häddsde schtunneloang gegreunt.“
„I(s)ch hebbe aach rei(s)chli(s)ch Griende defier“, koam laas die Oantwordd, „eun Gewiddäschtorm oan goans gemeun fiese Schicksoals..schläg dahte uf mi(s)ch niedä prasseln un kwälte meune Gefiehle.“
„So? Väzähl moal, woas hodd di(s)ch doann gepiesackt?“ wollte Babett(s)che wisse.
„Ach“ dahtä oabwinke, „i(s)ch waaß goar net, womit i(s)ch oafoange soll, soviel oan Grausoamkaate musst i(s)ch ädraache. Zur Zaat bin i(s)ch eun Greuni.“
„Greuni? Woas issen des?“ wollte Lena wisse.

„Des is eune Päsoon, die zu viel greune duht.
Noa joa, i(s)ch will moal väsuche, meu Kaskade oan Uuglicke zu schildern.
Vo vier Daache musste meu Audo in die Werkschdadd. Des woar noch net goans schlimm, saat däm bin i(s)ch dä(s)chli(s)ch zu meunä Arweid mit de Schtroaßeboahn noach Dammschdadd gefoahrn un oawends alleweil zurick noach Juräm.
Doann koame noch Sache hiezu, die mi(s)ch ar(s)ch äschiddert hobbe. Ewerschdä Äksporddbier koannt i(s)ch in unserm Dorffloade net krieje wie sunst. Die Händlärin soate mä, des Bier beschtelle se nemmä. Doann wollt i(s)ch noch zwaa Flasche   Ourewällä Rachebuddsä  kaafe, doa hieß es: Diesän Appelschnaps krieje se erst wirrä nächste Woch.“
„Des woar doann beschtimmt eun goans schlimmä Schloag uf deu sensibel Gemiet, Klausi, gell !?“ kommentierte Heunä, unsä Koampfdrinkä, diese Informaddsjoon.
„Ne joa, goans schlimm net, awä aach beraats eun kräfdi(s)chä Schtimmungsdriebä. Awä i(s)ch musst i(s)ch noch woas äläbe, woas mä de Rest oan meegli(s)chä guutä Laun velli(s)ch totoal zäschteert hodd.
I(s)ch wollt noch Ourewällä Hoandkees kaafe, waal i(s)ch dän Oawend mit  Hoandkees mit Musik  aasklinge loasse gedenkte,
Nein doa daht mä doch die Händlärin mitdaale, des krieje se erst wirrä nächst Woch.
Noa, des woar doann zuviel fer mi(s)ch, so viel Beschränkunge un Leid oan nur oan eum eunsi(s)che Daach.... i(s)ch musst hemmungslos greune. I(s)ch koannt nur noch ar(s)ch gebeitelt hoam schlurffe un die Forzkuhl ufsuche.





Leit, die zu viel greune, seun Greunis.
Se vähoalte si(s)ch oft wie Schlaffis,
kenne nur noch in die Forzkuhl krie(s)che, penne,
duhn vohä awä nochemoal elend flenne.“

„Oarmä Moann“, moante Laurä, „awä, des seun doch koa Dauämiss..schdänd. Die gehn alle voriebä.“
„Schtimmt schun. I(s)ch waaß, Mensche, die wo in Kriegsgebiete wohne orrä eun fianoans-
jelle Kollabs äläwe, wern vielaa(s)cht lache iwä meu kloa Leidoagelä(s)chehaate, awä fer mi(s)ch woars un isses grässli(s)ch.“
Klausi noahm eun Dseddel aas de Dasch un daht voläse:





„Schluchdse, greune, jammern,
si(s)ch väkrie(s)che in dunkle Kammern,
i(s)ch koann nur noch elend wimmern,
mi(s)ch um goar nix mä kimmern.


Des Schicksoal hodd grausoam zugeschlaache,
sowoas duht meu Seel iwähaapt net vädraache.
Vämoag nur noch in die Forzkuhl schlei(s)che,
Dahtedroang duht mi(s)ch net ärei(s)che.


Awä:
Bevo i(s)ch noch waatä flenne
duh i(s)ch liewä ebbes penne.


Allädings: Medidsin- un Psi(s)choloogieleit moane:
Mä muss noch soage
s` schteht aaßä Froage
greune is ar(s)ch gesund
s` machts Läwe wirrä bunt.


Mit Greune lässt si(s)ch Schtress bewäldi(s)che
s` duht uns doann nemmä schtack beläsdi(s)che
mit ebbes Gligg aach nemmä grausoamst beschäfdi(s)che.


Drim, liewe Leit, duht baa Schicksoals..schläg greune
doann werd die Sunn er(s)chendwoann wirrä scheune.“


Übersetzung: Klausi Vielredner, unser Chef-Filosof und Dorfdichter, zeigte eine fürchterlich traurige Visage, als wir wieder unser Treffen in der Kneipe zelebrierten.
„Was ist mit dir los, Klausi?“ fragte Heiner anteilsvoll, „du siehst aus als hättest du stundenlang geweint.“
„Ich hab auch reichlich Gründe dafür“,kam leise die Antwort, „ein Gewittersturm aus ganz gemein fiesen Schicksalsschlägen prasselten auf mich nieder und quälten meine Gefühle.“
„So? Erzähl mal, was hat dich dann gepiesackt?“ wollte Babettchen wissen.
„Ach“, winkte er ab, „ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll, soviel an Grausamkeiten musste ich ertragen. Zur Zeit bin ich ein Greuni.“
„Greuni? Was ist das?“ wollte Lena wissen.

„Das ist eine Person, die zu viel greint. (=weint)
Na ja, ich will mal versuchen, meine Kaskade an Unglücken zu schildern
Vor vier Tagen musste mein Auto in die Werkstatt. Das war noch nicht ganz schlimm, seit dem bin ich tagtäglich zu meiner Arbeit mit der Straßenbahn nach Darmstadt gefahren und abends immer zurück nach Jugenheim.
Dann kamen noch andere Sachen hinzu, die mich arg erschüttert haben. Eberstädter Export-
bier konnte ich in unserem Dorfladen nicht kriegen wie sonst. Die Händlerin sagte mir, dieses Bier bestellt sie nicht mehr. Dann wollte ich noch zwei Flaschen  Odenwälder Rachenputzer   kaufen, da hieß es: Diesen Apfelschnaps bekommen wir erst wieder nächste Woche.“
„Das war dann bestimmt ein ganz schlimmer Schlag auf dein sensibles Gemüt, Klausi, gell!?“ kommentierte Heiner, unser Kampftrinker, diese Information.
„Na ja, ganz schlimm nicht, aber auch bereits ein kräftiger Stimmungstrüber.
Aber, ich musste noch was erleben, was mir den Rest an möglich guter Laune völlig total zerstört hatte.
Ich wollte noch  Odenwälder Handkäse  kaufen, weil ich den Abend mit   Handkäse mit Musik   ausklingen lassen gedachte,da teilte mir doch die Händlerin mit, das kriegen sie erst wieder nächste Woche.
Nein, das war dann zuviel für mich, so viele Beschränkungen und Leid an nur an einem einzigen Tag.....ich musste hemmungslos weinen. Ich konnte nur noch stark gebeutelt heim schlurfen und die Furzkuhle aufsuchen.

Leute, die zu viel weinen, sind Greunis.  (=Weinis)
Sie verhalten sich oft wie Schlaffis,
können nur noch in die Furzkuhle kriechen, pennen,
tun vorher aber noch einmal elend flennen.“

„Armer Mann“, meinte Laura, „aber, das sind doch keine Dauermissstände. Die gehen alle vorüber,“
„Stimmt schon. Ich weiß, Menschen, die in Kriegsgebieten wohnen oder einen finanziellen
Kollaps erleben, werden vielleicht lachen über meine kleinen Leidangelegenheiten, aber für mich war und ist es grässlich.“
Klausi nahm einen einen Zettel aus der Tasche und las vor:

„Schluchzen, weinen, jammern,
sich verkriechen in dunkle Kammern,
ich kann nur noch elend wimmern,
mich um gar nichts mehr kümmern.


Das Schicksal hat grausam zugeschlagen,
so was will meine Seele überhaupt nicht vertragen.
Vermag nur noch in die Furzkuhle schleichen,
Tatendrang tut mich nicht erreichen.


Aber:
Bevor ich noch weiter flenne,
werd` ich lieber etwas penne(n).


Allerdings: Medizin- und Psychologieleut` meinen:
Man muss noch sagen
s` steht außer Frage
weinen ist sehr gesund
s` macht`s Leben wieder bunt.


Mit Weinen lässt sich Stress bewältigen
es wird dann nicht mehr stark belästigen
mit etwas Glück auch nicht mehr grausamst beschäftigen.


Drum, liebe Leute, tut bei Schicksalsschlägen weinen,
dann wird die Sonne irgendwann wieder scheinen.“